2020-08-12 EIN SEESTÜCK oder EIN STÜCK SEE review by sabine klement
 


Kunst, die sich digitaler Techniken bedient, gilt einerseits als der heiße Scheiß der Kreativszene, andererseits sind ihre subtileren, oft konzeptuellen Inhalte dem sogenannten breiten Publikum, das geringere Kenntnisse und Erfahrungen mit den genutzten Medien und Verfahren hat, nicht immer zugänglich. So stehen interessierte Betrachter gelegentlich ratlos vor Bildern, Objekten und Installationen - ein weites Tätigkeitsfeld für Galeristen und Vermittler eröffnet sich, um das Verständnis für Botschaften und Qualitäten digitaler Kunstformen zu vertiefen.

Mein eigener Weg über dieses Feld führte mich neulich zusammen mit Sven Piayda nach Mülheim an der Ruhr (Stadtteil Heimaterde). Seine Foto-, Video- und Soundarbeiten locken mit attraktiven sinnlichen Ersteindrücken, und verfügen dabei über erhellende twists & turns, die es nachzuverfolgen lohnt. Die hier abgebildete dreiteilige Arbeit 'the impossibility to take pictures of the sea‘ thematisiert eine jahrhundertealte künstlerische Grunderfahrung: die Weite des Meeres lässt sich niemals mit der gleichen Eindringlichkeit abbilden, wie Menschen sie realiter angesichts der See erfahren.

Sven Piayda machte je einen zentimeterbreiten Ausschnitt seiner digitalen Landschaftsfotografien zur (Daten-) Basis für Bilder im Foto-Vollformat. Damit führte er nicht nur das traditionelle Scheitern der Kunst an der perfekten Abbildung der Natur frech ad absurdum, sondern erzielte auch eine streifige Optik, die aus dem Kleineren heraus räumliche Weite wirkungsvoller betont und sichtbar macht, als jede hyperrealistische Höchstauflösung es vermöchte. Er ging also konzeptuell über das reine Ausreizen digitaler Abbildungsmöglichkeiten hinaus und in diesem Kippmoment wird seine Arbeit zu einem stringenten, mit digitalen Mitteln erstellten Kunstwerk. Dass die Ausgangsbilder an sich hochästhetisch verschiedene Lichtverhältnisse und damit einhergehende natürliche Farbnuancen einfangen, dass die Helldunkel-Werte die charakteristischen Qualitäten der Luft- und Farbatmosphäre der Seelandschaft als ‚Verschwisterung von Himmel und Meer‘ einfangen, dass die formal identischen Bildsituationen feine Nuancen über Vergleichbarkeit ausgezeichnet visualisieren und die Zuneigung des Künstlers zu dieser Landschaft en detail spürbar machen – gehört auch alles ins Gesamtpaket und macht das Triptychon zu einem gelungenen Beispiel, für die Möglichkeiten digitaler Medienkunst.

sven piayda
the impossibility to take pictures of the sea 2014_02_28/2014_03_01/2014_03_02,
CGI-Fotografie, 2014
je 52 x 42 cm
Auflage 3

sabine klement, art dealer and curator
kunstvermittlung-klement.de



Art that makes use of digital technologies is on the one hand the hot shit of the creative scene, on the other hand its more subtle, often conceptual content is not always accessible to the so-called broader public, who have less experience with the media and processes used. Interested viewers occasionally stand cluelessly in front of artworks - a wide field of activity opens up for art mediators to deepen the common understanding of the specific qualities of digital art forms. My own path across this field recently brought me to meet with Sven Piayda. His photo, video and sound works lure with attractive, sensual first impressions, and have elucidating twists & turns that are worth following. The three-part work 'the impossibility to take pictures of the sea' shown here addresses a centuries-old basic artistic experience: the vastness of the sea can never be depicted with the same intensity as people experience it in the face of the sea itself. Sven Piayda made a centimeter-wide section of each of his digital landscape photographs the (data) basis for images in full format. In doing so, he not only led the traditional failure of art to perfectly depict nature to the point of absurdity, but also achieved a ‘streaky’ look that emphasizes spatial expanse and makes it even more visible from the smaller than any hyper-realistic maximum resolution would do. Conceptually, he went beyond the pure exhaustion of digital imaging possibilities - and at this tipping point, his work becomes a stringent work of art created with digital means. That the original images capture different lighting conditions and the associated natural colour nuances in a highly aesthetic way, that the chiaroscuro enhances the characteristic qualities of the air and colour atmosphere, that the formally identical picture situations distinguish subtle nuances through creating comparability and make the artist's affection for this landscape palpable - everything belongs in the overall package and makes the triptych an impressive example of digital media art.